Hilferuf
Hilferuf – THG-Quotenmarkt durch kurzfristig umsetzbare Maßnahmen stabilisieren.
Sehr geehrte Frau Bundesministerin Lemke,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete des Deutschen Bundestags,
wir, die unterzeichnenden Unternehmen der heimischen Erneuerbaren Energien-Branche, wenden uns heute mit einem nicht neuen, aber immer drängender werdenden Problem an Sie.
Seit nunmehr Jahren erleben wir eine beispiellose Unterwanderung des deutschen Marktes für Treibhausgasminderungsquoten (THG-Quoten) im Kraftstoffsektor. Während vor rund 2 Jahren der Preis für THG-Quoten noch bei knapp 500 Euro lag, ist er heute auf rund 90 Euro gefallen. Die Maßnahmen der Bundesregierung haben sogar noch kurzfristig für weitere Zuspitzung gesorgt.
Der Hauptgrund für diesen Absturz liegt darin, dass die Erneuerbaren Opfer von Betrug geworden sind. Gefälschte Nachweise angeblicher Upstream-Emissions-Projekte (UER-Nachweise), die es in der Realität nicht gegeben hat, haben den Markt unterwandert und die Preise auf den Sinkflug befördert. Zudem ist der Preisverfall eine direkte Folge von ebenfalls mutmaßlich gefälschten fortschrittlichen Biokraftstoffen, die den Markt in erschreckendem Ausmaß fluten. Vermutung: Reines Palmöl statt wirklich nachhaltigem Biokraftstoff.
Mit dramatischen Konsequenzen: Klima, Verbraucher, aber auch wir als Branche sehen uns mit einem erheblichen Schaden konfrontiert. Erste Insolvenzen namhafter Unternehmen sind bereits zu verzeichnen; weitere stehen akut zu befürchten. Zahlreiche Unternehmer bangen um ihre Existenz. Investitionen in die heimische Produktion sauberer erneuerbarer Erfüllungsoptionen der THG-Quote (Biokraftstoffe, Wasserstoff, Elektromobilität) liegen auf Eis. Die Marktverunsicherung ist gravierend; unsere Aussichten stark beeinträchtigt und damit die Zukunft des Energiestandorts Deutschland gefährdet. Auf dieser Basis lassen sich keine tragfähigen Geschäftsmodelle mehr erhalten – geschweige denn einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Sehr geehrte Frau Bundesministerin, sehr geehrte Damen und Herren, Sie haben dieses Thema sicherlich bereits wahrgenommen; es hat aufgrund seiner Brisanz und des Skandals eine hohe Medienaufmerksamkeit erfahren und wurde bereits mehrfach im Umweltausschuss und im Plenum des Bundestages thematisiert. In der Folge haben das Bundesumweltministerium (BMUV) und das Umweltbundesamt (UBA) Schritte unternommen, um die Betrugsfälle rückabzuwickeln und den Markt zu bereinigen. Das erkennen wir ausdrücklich an. Wir verbinden jedoch den heutigen Hilferuf mit einem Appell, dass diese Maßnahmen in keiner Weise geholfen haben, den Markt und damit unsere Situation zu stabilisieren. Die angedachten Regulierungen (verwaltungstechnische Rückabwicklung UER durch das UBA; Nachfragesteigerung für 2025/26 durch eine angepasste 38. BImSchV; perspektivische Betrugsprävention im Zuge der Umsetzung der RED III) sind bislang nur Ankündigungen. Sie greifen viel zu langsam, um der akuten Notlage der betroffenen Unternehmen gerecht zu werden. Im Gegenteil: Die geplante Novelle der 38. BImSchV hat dem Markt akut zusätzlich geschadet.
Wir brauchen einen politischen Befreiungsschlag – und schlagen fünf Sofortmaßnahmen vor, die kurzfristig Abhilfe schaffen:
- Die Aberkennung der gefälschten UER-Projekte wird vermutlich Jahre dauern und rechtlich teilweise nicht oder nur sehr schwer möglich sein. Bis zur Aberkennungsentscheidung bleibt die zu Unrecht generierte THG-Quote wirksam und schädigt alle redlichen Marktakteure weiter, die ohnehin stark leiden. Benötigt wird ein Ausgleichsmechanismus, mit dem politisch sichergestellt wird, dass die unrichtigen Nachweise sofort aus dem Markt genommen und sodann auch mit echten Klimaschutzmaßnahmen ersetzt werden.
- Bereits jetzt ist klar, dass es nicht möglich sein wird, der aktuellen Maßgabe der UER-Verordnung (UERV) nachzukommen, gefälschte UER-Nachweise mit rechtmäßigen UER-Nachweisen auszugleichen, vgl. § 24 UERV. Die vom UBA als gesichert gefälscht befundene Anzahl übersteigt bei Weitem die Anzahl rechtmäßiger Nachweise im Markt. Dies gilt, selbst wenn angenommen wird, dass alle in 2024 neu eingereichten und noch nicht geprüften Projekte rechtmäßig sind. Daher muss die UERV dahingehend angepasst werden, dass gefälschte UER-Nachweise nicht nur mit UER, sondern mit allen verfügbaren Erfüllungsoptionen ausgeglichen werden können.
- Ohne Betrugsprävention im Bereich der mutmaßlich gefälschten Biokraftstoffmengen wird jeglicher Versuch, den Markt zu stabilisieren, verpuffen. Seit April 2024 liegen mit dem BMUV abgestimmte Vorschläge auf dem Tisch, allen voran die Einführung eines Zulassungssystems, das eine wirksame Hürde für potenzielle Betrüger darstellen würde. Dieses System muss unverzüglich durch eine Anpassung der Biokraftstoffnachhaltigkeitsverordnung auf den Weg gebracht werden. Es wäre fahrlässig, dies erst im Zuge einer RED-III-Umsetzung anzugehen oder gar auf eine europäische Lösung zu warten – insbesondere, da diese Maßnahme national umgesetzt werden kann.
- Die aktuell in der Überarbeitung befindliche 38. BImSchV muss scharfgestellt werden. Damit soll 2025 und 2026 die Nachfrage nach THG-Quoten im Markt wieder ansteigen. Dies soll geschehen, indem zur Erfüllung der THG-Quote lediglich Erfüllungsoptionen aus demselben Jahr genutzt werden dürfen – also die Möglichkeit der Übererfüllung ausgesetzt wird. Um den gewünschten Effekt zu erreichen, muss dies zwingend auch für die Übertragung der Übererfüllung des Mindestanteils aus fortschrittlichen Biokraftstoffen aus 2023 und 2024 gelten. Hier ist in dem aktuellen Entwurf zur 38. BImSchV ein gefährliches Schlupfloch enthalten, das es zu stopfen gilt.
- Ebenso muss in der 38. BImSchV klargestellt werden, dass auch Dritte die Möglichkeit haben, Quoten aus einem Verpflichtungsjahr über zwei Jahre mitzunehmen, denn Quotenmengen aus 2023 sind im Jahr 2024 durch den Preisverfall und nicht zuletzt durch den derzeitigen Referentenentwurf wertlos geworden. Eine klare Regelung zur Übertragbarkeit der Quoten durch Dritte ist erforderlich. Nicht quotenverpflichtete Dritte werden ansonsten benachteiligt, da der Entwurf seinen Fokus ausschließlich auf Quotenverpflichtete legt.
Mit diesen Maßnahmen können Sie in der aktuellen volatilen Wirtschaftslage gezielt und schnell den heimischen Unternehmen helfen und ihnen ein starkes Zeichen geben, dass ihre Not ernst genommen wird. Wir bitten Sie, sich dieser Sofortmaßnahmen anzunehmen, um das Vertrauen in den THG-Quotenmarkt wiederherzustellen und weiteren Schaden von der Branche abzuwenden.
Wir, die Initiative Klimabetrug Stoppen, stehen jederzeit bereit für den Dialog, um gemeinsam für effizienten Klimaschutz in Deutschland einzustehen. Lassen Sie uns zusammenarbeiten, jedes Zögern verspielt unwiderruflich unsere Chancen auf eine zukunftssichere und klimaneutrale Verkehrsinfrastruktur.
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Initiative Klimabetrug Stoppen
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