Hintergrund
Das Problem mit Upstream-Emissions-Reduktionen (UER)
Seit 2020 kann die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) in Deutschland teilweise durch den Einsatz von Upstream-Emissions-Reduktionen (UER)-Nachweisen erfüllt werden. Diese UER-Nachweise stammen aus zertifizierten Emissionsminderungen, die in Klimaschutzprojekten im Upstream-Bereich der Öl- und Gasförderung, den sogenannten UER-Projekten, erzielt werden.
Die Verordnung zur Anrechnung von UER auf die Treibhausgasminderungsquote (UERV) legt die Rahmenbedingungen dieser Erfüllungsoption fest. Klimaschutzprojekte können beim Umweltbundesamt (UBA) beantragt werden und erhalten, sofern sie die Vorgaben erfüllen, die Genehmigung als UER-Projekt. Akkreditierte Prüfstellen müssen dabei die Projekte sowie die erzielten Emissionsminderungen überprüfen und bestätigen, bevor UER-Nachweise durch das UBA ausgestellt werden. Eine detaillierte Beschreibung des Projektzyklus finden Sie in der Abbildung unten.
Ende 2023 trat der Verdacht auf, dass einige UER-Projekte gefälscht sind und nur auf dem Papier existieren, wobei die meisten der verdächtigen Projekte in der Volksrepublik China liegen. Im Rahmen von ZDF frontal-Recherchen erhärtete sich dieser Verdacht Mitte des Jahres 2024. Mittlerweile hat das UBA den Betrug im Rahmen der UER-Projekte bestätigt und auch UER-Zertifikate für das Erfüllungsjahr 2024 abgelehnt. Dennoch bleiben viele UER-Zertifikate, mit einem Wert von mehr als einer Milliarde Euro, im Markt, obwohl sie nicht hätten genehmigt werden dürfen.
Mit der Änderung der UERV vom 08.06.2024 endet die Möglichkeit der Anrechnung von UER-Nachweisen vorzeitig nach dem Verpflichtungsjahr 2025. Bereits bei Unternehmen, die verpflichtet sind, die THG-Quote zu erfüllen, angerechnete Zertifikate werden bisher nicht aberkannt und bleiben als falsche CO2-Einsparungen erhalten.
UER: Projektzyklus und mögliche Schwachstellen
Das Problem mit Biokraftstoff-Importen
Biodiesel ist der wichtigste Biokraftstoff in Deutschland. Im Jahr 2022 wurden ca. 4 Milliarden Liter Biodiesel in Deutschland produziert. Hergestellt wird der Kraftstoff vor allem aus Ölpflanzen wie Raps oder Soja, aus Pflanzenölen wie z. B. aus Abfall- und Reststoffen wie z. B. Altspeiseöl. Derzeit tankt der Endverbraucher an der Tankstelle Diesel mit 7% oder 10% Biokraftstoffbeimischung (B7 / B10).
Im Jahr 2021 importierte Deutschland ca. 40% der Biokraftstoffe aus Asien. Anfang des Jahres 2023 kam es im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu einem massiven Anstieg dieses Imports. Die Menge des aus China nach Europa importierten Biodiesels verdoppelte sich. Das führte unter anderem zu einem Preisverfall bei THG-Zertifikaten, da sich die THG-Quote durch die Beimischung dieses billigeren Biodiesels kostengünstig erfüllen lässt.
Der aus China stammende Biokraftstoff wird als Biodiesel aus altem Speisefett oder Abwässern der Palmölproduktion deklariert. Es besteht jedoch der Verdacht, dass dieser Biodiesel direkt aus Palmöl hergestellt wird. Es wird womöglich nur ein Umdeklarieren vorgenommen, um die Verwendung von Palmöl zu verschleiern. Denn seit 2023 ist die Verwendung von Palmöl zur Biodieselherstellung in Deutschland und den meisten Ländern der EU aufgrund seiner schlechten Klimabilanz nicht mehr erlaubt. Zeitgleich zu dieser Umstellung stiegen die Palmölimporte Chinas aus Südostasien an. Die EU-Kommission hat bereits Untersuchungen eingeleitet, das Ergebnis steht noch aus. Im Zuge dieser Untersuchungen und der medialen Aufmerksamkeit wurde bereits mehreren chinesischen Biodieselherstellern die Zertifizierung entzogen. Im Rahmen einer Anti-Dumping-Untersuchung der EU Mitte 2024 wurden zudem Sonderzölle auf Biodiesel aus China verhängt.